Erinnerung an 100. Geburtstag von Marie-Elisabeth Klee
Europa-Union erinnert an 100. Geburtstag von Marie-Elisabeth Klee
Ende November 2021 sahen zahlreiche Zuschauer in der „Kinowelt Worms“ den Film „Die Unbeugsamen“, dem das Buch „In der Männerrepublik. Wie Frauen die Politik eroberten" von Torsten Körner zu Grunde liegt. Die aufschlussreiche Dokumentation schildert, wie mühsam für Frauen der Weg in die Parlamente war, die jahrelang von Männern dominiert wurden. Zugleich war der Film eine Begegnung mit Marie-Elisabeth Klee, die von 1961 bis 1972 als CDU- Bundestagsabgeordnete die Interessen der Wormser Bürger in Bonn vertrat und die dann auf Geheiß Helmut Kohls zugunsten von Richard von Weizsäcker auf ihre Kandidatur für die Bundestagswahl 1972 verzichtete.
Bei den Dreharbeiten in ihrem Zuhause auf dem Nonnenhof bei Bobenheim im Juli 2017 war Marie-Elisabeth Klee die älteste noch lebende Politikerin aus den frühen Jahren der Bonner Republik. Ein halbes Jahr später verstarb sie, wenige Wochen nach ihrem 96. Geburtstag. Die Biografie „Marie-Elisabeth Klee. Lebensbilder einer Europäerin aus Worms“ von Jörg Koch, 2017 im Worms Verlag erschienen, bietet einen anschaulichen Einblick in Leben und Wirken einer außergewöhnlichen Persönlichkeit, die vielfach geehrt wurde und der 2014 die Stadt Worms den Ehrenring verlieh.
Wer Marie-Elisabeth Klee, spätere Vizepräsidentin der Parlamentarischen Versammlung der Westeuropäischen Union und von 1986 bis 1993 Vorstands-vorsitzende von UNICEF-Deutschland, kannte, weiß, wie zurückhaltend sie auftrat. Laute Wahlkämpfe waren ihre Sache nicht, nie hätte sie sich als Feministin bezeichnet. Das mag an ihrem konservativen Elternhaus und ihrer strengen Erziehung gelegen haben, „Dienen" und „Pflicht" waren Schlüssel-begriffe ihres Lebens. Sie war die Tochter des Industriellen Ludwig von Heyl und der strengen Mutter Eva-Marie von der Marwitz, sie wuchs im Majorshof auf, einem prachtvollen Palais am Lutherring, das im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört wurde und an dessen Stelle die Hauptgeschäftsstelle der Rheinhessen Sparkasse steht.
Als Marie-Elisabeth Freiin von Heyl am 13. Januar 1922 geboren wurde, erlebte sie als Kind die politisch instabilen Jahre der Weimarer Republik, dann als Schülerin den Aufstieg einer Diktatur, als Studentin einen verheerenden Krieg, als junge Frau eines Landrats ein zerstörtes Europa. Wer hätte damals daran geglaubt, dass dieser Kontinent, der 1945 in Schutt und Asche lag, einmal für ein in Frieden, Freiheit und Demokratie geeintes Europa stehen könnte?
Die Europäischen Föderalisten glaubten an diesen Traum und gründeten 1946 die Europa-Union Deutschland. Auch Frau Klee teilte angesichts der schmerzvollen geschichtlichen Erfahrungen die Hoffnungen der Föderalisten. In der Folgezeit machte sie Europa zu ihrer Herzensangelegenheit. Seit Ende der 1950er Jahre begann sie erfolgreich, ihre Überzeugungen aktiv in die Politik zu tragen. Während ihrer Zeit als Bundestagsabgeordnete ließ sie in ihrem politischen Handeln nie die europäische Perspektive außer Acht. So wurde sie 1965 von der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages in die Parlamentarischen Versammlungen des Europarates und der Westeuropäischen Union entsandt (bis 1972). Sie machte sich als Mitstreiterin um die Europäische Einigung einen Namen, reiste durch Großbritannien und hielt Vorträge für den Beitritt des Landes zur EWG, der Vorläuferinstitution der heutigen Europäischen Union. Tief enttäuscht war Frau Klee, als die Briten 2016 den Brexit beschlossen. Mehr als 50 Jahre gehörte sie der Europa-Union Worms an, im August 2016 ernannte der Vorstand sie zum Ehrenmitglied.
Foto: Marie-Elisabeth Klee bei Verleihung der Ehrenmitgliedschaft mit Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek, Vors. Dr. Jörg Koch und Ehrenvorsitzender Josef Schork (v.l.n.r.)
"Spenden für Europaschulen in Ahrweiler"
"Konzert und Ehrungen"
Presseerklärung zum Europatag 2021
Dr. Jörg Koch, Vors. Europa-Union Worms:
Presseerklärung der Europa-Union Worms zum Europatag 2021 (9. Mai)
Vor 70 Jahren, am 2. Mai 1951, wurde die Bundesrepublik vollberechtigtes Mitglied des zwei Jahre zuvor gegründeten Europarates. Der Europarat (nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat, der Versammlung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union) besteht heute aus 47 Staaten und hat seinen Sitz in Straßburg. Der Rat befasst sich auf europäischer Ebene mit wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen, er fördert die kulturelle Zusammenarbeit, wacht über rechtsstaatlich-demokratische Grundsätze und erarbeitet Maßnahmen zur Terrorismusabwehr. Der politische Austausch und die Zusammenarbeit finden konkret jedoch innerhalb der Institutionen der EU statt. Wichtigstes Organ ist die Europäische Kommission, die einer Regierung auf europäischer Ebene entspricht und deren Präsidentin derzeit Ursula von der Leyen ist. Der Europatag am 9. Mai erinnert an die Idee des französischen Außenministers Robert Schuman, die französische und deutsche Kohle- und Stahlproduktion zusammenzulegen. Aus diesem Vorschlag vom 9. Mai 1950 entwickelte sich die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), Vorläufer der heutigen Europäischen Union.
Jahrzehntelang ging es Europa und Deutschland gut, die Mitgliedsstaaten der EU wuchsen wirtschaftlich und auch politisch zusammen, unterzeichneten Verträge, die ein gedeihliches Miteinander fördern sollten und auch tatsächlich beflügelten. Doch die heutige Europapolitik offenbart zunehmend eine Fehlentwicklung. Längst ist der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der die EU-Länder zu einer soliden Haushaltspolitik verpflichtete und der durch den Amsterdamer Vertrag von 1997 geltendes EU-Recht wurde, hinfällig. Auch der kürzlich beschlossene „Wiederaufbaufonds“ mit einer Gesamtsumme von 750 Milliarden Euro, in den Deutschland 50 Milliarden Euro mehr einzahlt, als es daraus erhält, hat mit Solidarität und Verantwortung nichts zu tun; er bedeutet schlichtweg Deutschlands Einstieg in die Schuldenvergemeinschaftung. Das als Konjunkturpakt präsentierte Programm ist ein Novum: erstmals verschuldet sich die EU als Ganzes. Unsere Volksvertreter hätten auf Finanz- und Wirtschaftsexperten hören sollen, die vor diesem im März vom Bundestag verabschiedeten „Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz“ („Corona-Hilfsfonds“) gewarnt haben. Mit den deutschen Zahlungen sind nun die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich in Spanien und Steuersenkungen in Italien möglich. Eine Bekämpfung der Corona-Krise ist das nicht, es ist ein gut gemeinter, aber verantwortungsloser Umgang mit deutschen Steuergeldern, den spätere Generationen büßen müssen. Die deutsche Europapolitik muss überdacht werden, ebenso muss die EU endlich Reformen zulassen und eigene Verträge einhalten, ansonsten droht ein weiterer Zerfallsprozess, der nicht im Sinne der europäischen Einigung ist.